Bis Julia Engelmann kam, waren Poetry Slams nur Kennern ein Begriff. In einem Video trägt die Bremer Studentin ihren lyrischen Text – einen Aufruf, das Leben nicht zu vergeuden – einem Publikum vor. Fünf Millionen Mal wurde ihr Auftritt mittlerweile angeklickt – und sorgte dafür, dass die „Poetry Slam“ genannte Dichterschlacht einem breiten Publikum bekannt wurde.
Die Schüler am Hölty-Gymnasium waren schon vorher mit dem Begriff vertraut, schließlich wurde der Wortwettstreit schon in einigen Klassen in den Lyrikunterricht integriert. Das Interesse war dabei so groß, dass 21 Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 bis 11 an einem „Poetry Slam“-Workshop am Hölty-Gymnasium teilgenommen haben. Dabei vermittelte der preisgekrönte Poetry Slammer und frühere Sonderpädagogikprofessor Klaus Urban sein Können.
Nach seiner Performance des „Reims, der sich nicht reimen wollte“ und einigen Bewegungsübungen wärmten sich die Schülerinnen und Schüler mit selbst geschriebenen Haikus auf, bevor es nach einem Brainstorming an das Schreiben eines längeren Textes ging, der später auf der Bühne im Theaterraum vorgetragen werden sollte. Was die Workshop-Teilnehmer in der begrenzten Zeit für umfangreiche und kreative Texte ablieferten, verblüffte selbst Urban. Das Spektrum der Themen reichte vom Sinn des Lebens über Musik, Politik und alltägliche Beobachtungen wie der Busfahrt zur Schule bis hin zu einer humorvollen Abhandlung über Dinosaurier.
Urban unterstützte die Schülerinnen und Schüler anschließend bei der Überarbeitung der Texte und der Vorbereitung auf die Performance am Ende des Workshops, die sich alle Teilnehmer auf der Bühne zugetraut haben.
Mit Laptop, Zettel oder dem Text im Kopf bewaffnet, trugen die Schülerinnen und Schüler ihre Texte vor. Sophia Thiele (Klasse 11) erzählte dabei etwa nachdenklich-humorvoll von der Schwierigkeit, Entscheidungen zu fällen, Franziska Küpper (Klasse 10b) philosophierte über das Vergehen der Zeit, und Ahmed Musaev (9a) stellte mit einem ironischen Unterton den Alltag eines Optimisten dar. Auch die anderen Vorträge wurden vom Publikum, das sich aus den Teilnehmern zusammensetzte, durchweg mit guten Bewertungen bedacht, die die Mitschüler nach dem Auftritt in Form von Jurykarten anzeigten.
„Poetry Slams“ sollen Jugendliche für das Schreiben und für Literatur interessieren und begeistern“, fasste Urban das Ziel des Workshops zusammen. Dieses Interesse war am Hölty-Gymnasium bereits vorhanden, und am Ende waren es die Schülerinnen und Schüler, die begeisterten.
Jan-Henrik Flecke
Jan-Henrik Flecke führte ein Interview mit Klaus Urban:
Was genau ist ein „Poetry Slam“?
Es handelt sich dabei um eine moderne Form der Dichterschlacht, gewissermaßen in der Tradition des mittelalterlichen Minnesangs. Es geht darum, einen selbst verfassten Text ohne Requisiten mit einem Zeitlimit vor Publikum vorzutragen.
Was ist das Besondere daran?
Es ist ein interaktives literarisches Format, bei dem das Publikum miteinbezogen wird. Es ist sehr abwechslungsreich, und die Poeten bekommen ein direktes Feedback zu ihren Texten.
Wie sind Sie zum „Poetry Slam“ gekommen?
Ich habe früher schon selbst Gedichte geschrieben oder vertont. Diese Texte habe ich dann in „Poetry Slam“-Formate übertragen und damit bei Wettbewerben teilgenommen.