Der Jugendpressetag wird seit einigen Jahren vom Jugendmedienzentrum organisiert. Hier kommen junge, interessierte Nachwuchs-JournalistInnen in Berlin zusammen und treffen MinisterInnen und StaatssekretärInnen. In den letzten Jahren wurden Konferenzen mit dem Gesundheitsministerium, dem Bildungsministerium oder dem Ministerium für Arbeit und Soziales abgehalten.

Im März 2020 war ein Termin mit dem Bildungsministerium geplant, genauer gesagt ein Pressetermin mit der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek.

Ich hatte mich für den Jugendpressetag 2020 angemeldet und da die Veranstaltung mit einem Trip nach Berlin und einer Stadtrundfahrt verbunden war, waren Hotel und Bahn auch schon gebucht. Die Veranstaltung wurde dann kurzfristig aufgrund der sich verschlimmernden Covid-19-Lage abgesagt.

Lange hörte ich nichts mehr vom Jugendmedienzentrum. Nachdem der März 2021 verstrichen war, hatte ich eigentlich jede Hoffnung aufgegeben, am Jugendpressetag teilzunehmen. Unverhofft erhielt ich im Juni 2021 schließlich eine E-Mail, die mich zu einer einstündigen digitalen Pressekonferenz einlud, als Ersatz für den abgesagten Jugendpressetag. Zu meiner Überraschung war das Thema der Konferenz jedoch nicht mehr die Bildungs- und Forschungspolitik der Bundesregierung. Zum ersten Mal traute sich das Verkehrsministerium, sich den Fragen von NachwuchsjournalistInnen zu stellen. Der Bundesminister für Verkehr und Digitale Infrastruktur, Andreas Scheuer, wurde als neuer Gast angekündigt. Um ehrlich zu sein, war ich sehr überrascht von dem Wechsel von Anja Karliczek zu Andreas Scheuer. Neugierig sagte ich dem Jugendmedienzentrum meine Teilnahme an der Konferenz zu.

Wer die „Tagesschau“, „heute show“ oder ähnliche Fernsehformate in den letzten Jahren verfolgt hat, wird wohl genau wissen, wer Andreas Scheuer ist. Meine Vorbereitungsrecherche bestand also unter anderem darin, mir jedes Video der „heute show“ anzuschauen, das Andreas Scheuer thematisierte. Entsprechend gut vorbereitet ging ich in die Konferenz, ausgestattet mit Wissen über den politischen Werdegang von Andreas Scheuer, seine politischen Ansichten und einem umfangreichen Vokabular von Spitznamen, die ihm von der „heute show“ verliehen wurden (mein persönlicher Favorit: „Lord Voldemaut“).

Am 16.06.2021 um 14 Uhr war es dann endlich so weit. Ich trat der Zoom-Konferenz bei, die aus 20 anderen jugendlichen JournalistInnen, einem Moderator des Medienzentrums sowie Andreas Scheuer und einer weiteren Vertreterin seines Ministeriums bestand. Der Moderator begrüßte uns und bat alle JournalistInnen, sich bei ihren Fragen immer zunächst mit Namen, Redaktion und Stadt vorzustellen. Bei jeder Frage erzählte Andreas Scheuer immer erst einmal etwas über die Pläne und Projekte des Ministeriums in der Herkunftsstadt der Fragenden. Ein Faible für Hamburg und natürlich München war nicht zu verkennen.

Zunächst wurde der Minister gebeten, etwas über seine bisherige politische Laufbahn und seine persönliche Motivation zu erzählen. Andreas Scheuer kommt aus Passau, 2002 zog er erstmals aufgrund seines Platzes auf der Zweitstimmenliste der CDU/CSU in den Bundestag ein. Bei der nächsten Bundestagswahl wurde er als Direktabgeordneter von Passau Stadt/Land ins Parlament entsandt. 2009 wurde er zum Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ernannt. Vier Jahre später erhielt Scheuer das Amt des Generalsekretärs der CSU und schließlich ist er seit 2018 Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.

Im Anschluss konnten die JournalistInnen Fragen stellen. Eine der ersten Fragen, die bei einem Gespräch über deutsche Infrastruktur und Verkehr nicht fehlen darf, war natürlich die Frage nach einem Tempolimit auf deutschen Autobahnen.

Andreas Scheuers Standpunkt in dieser Debatte war von vornherein sehr deutlich, er ist dagegen. Seiner Meinung nach sei ein Tempolimit auf den Autobahnen nicht nötig, da die deutsche Autobahn bereits mit eine der sichersten der Welt sei. Überdies sei 1/3 der Autobahnstrecke bereits mit Geschwindigkeitsbegrenzungen ausgestattet, die Informationsbrücken, die je nach Bedarf (beispielsweise bei starkem Regenfall oder Stau) ein Tempolimit einführen, noch nicht mit einbezogen.

Ferner betrage die Durchschnittsgeschwindigkeit auf der Autobahn 117 km/h entsprechend sei ein Tempolimit von 130 km/h nicht zielführend. Bekannterweise sei dieses Limit ja „gegen jeden Menschenverstand“[1].

Ein weiterer interessanter Diskussionspunkt waren alternative Kraftstoffe sowie E-Mobilität.

Scheuer betonte, dass sein Ministerium sich in beiden Bereichen stark einbringt. Seit 2006 investiere das Verkehrsministerium in Wasserstofftechnologie. Sukzessive fänden alternative Antriebe mehr Einsatzgebiete, beispielswiese bei LKWs oder Müllentsorgungsfahrzeugen. Ein weiteres Beispiel sei der erfolgreiche Erstflug eines deutschen Wasserstoffflugzeugs.

Ein Teilnehmer fragte, wie die gegenwärtige Nutzung von E-Mobilität in der Politik aussehe. Andreas Scheuer erzählte, dass er selbst zwar Fahrrad fahre, jedoch auch einen Elektroroller besitze, was übrigens in mehreren Pressebildern zu sehen ist. Außerdem würden E-Bikes beispielweise für den Transport von Akten benutzt.

Digitale Infrastruktur war ebenfalls ein Thema. Auch hier betonte der Minister, dass an Geld nicht gespart würde, um Deutschland auszustatten. Er erwähnte beispielsweise die Glasfaserausbauverpflichtungen, die bereits 2019 vereinbart wurden. Überdies gebe es Sonderprogramme für Schulen, Krankenhäuser und Gewerbegebiete. Auch hier scheitere nichts an der Investitionsbereitschaft.

Ein weiterer Themenbereich, welcher gegenwärtig Aufmerksamkeit bekommt, sind Verkehrsunfälle, in die Senioren involviert sind und ob man entsprechend einen Verkehrssicherheitstest für Senioren einführen sollte. Andreas Scheuer erteilt derartigen Überprüfungen eine Absage. Die Auffälligkeiten, die ein übermäßiges Unfallrisiko für Senioren andeuten, gebe es nicht. Diese seien in den Medien übermäßig repräsentiert. Scheuer ist entsprechend gegen solche Tests für Senioren. Er erkenne eher Auffälligkeiten bei jüngeren Verkehrsteilnehmern, beispielsweise bei jungen AutofahrerInnen oder FahrradfahrerInnen ohne Helm.

Ein weiterer Teilnehmer erkundigte sich, ob Scheuer angesichts Urbanisierung etc. eine große Zukunft für den Individualverkehr sehe. Der Minister betonte, dass er einen Umschwung auf öffentliche Verkehrsmittel befürworte und das Ministerium darauf hinarbeite. Beispielweise werde viel in Infrastruktur für Bahnen investiert und ab 2022 werde erstmals mehr Geld für Schienen als für Autos investiert. Zwar befürwortet Scheuer diesen Wandel, ihn zu erzwingen hält er allerdings nicht für möglich oder wünschenswert. Möglicherweise sei dies auch nicht nötig. Vor der Coronakrise habe es Rekordzahlen für den Gebrauch von öffentlichen Verkehrsmitteln gegeben. In der Coronazeit seien zudem viele aufs Fahrrad umgestiegen, erkennbar vor allem für diejenigen, die in den letzten paar Monaten versucht haben, ein Ersatzteil für ihr Fahrrad zu bestellen.

Für den öffentlichen Verkehr werde überdies bald autonomes Fahren ermöglicht. Ein Gesetzentwurf, der autonomes Fahren auch für die Personenbeförderung befürwortet, wurde bereits verabschiedet. Scheuer persönlich hält viel von dieser Technologie.

Insgesamt war es ein sehr reger und interessanter Austausch mit dem Verkehrsminister. Ich bin sehr dankbar, dass Andreas Scheuer sich die Zeit für junge JournalistInnen genommen hat. Allerdings finde ich es bedauerlich, dass die Veranstaltung via Zoom-Konferenz stattfinden musste, da auf diese Weise zwar Fragen gestellt und Antworten gegeben werden konnten, es allerdings nie zu einer wirklichen Diskussion kam. Dieser Umstand ist jedoch lediglich der Pandemie geschuldet. Entsprechend bleibt die Hoffnung, dass bei zukünftigen Jugendpressetagen ein höheres Maß an politischem Meinungsaustausch und Diskussionsraum möglich sein wird.

Fenna Kruse, Jahrgang 13


[1] https://www.welt.de/politik/deutschland/article187341664/Gegen-jeden-Menschenverstand-Scheuer-lehnt-Tempolimit-und-hoehere-Dieselsteuer-strikt-ab.html