Du betrachtest gerade „Nie wieder ist jetzt“ – Höltyanerinnen und Höltyaner erinnern an das KZ-Außenlager „Waldeslust“

Am 8. Mai 2025, dem 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus, setzten die Klasse 10b sowie Schülerinnen und Schüler aus anderen 10. Klassen des Hölty-Gymnasiums Hambühren ein Zeichen gegen das Vergessen. Im Rahmen des Projekts „Orte der Erinnerung“ gestalteten sie eine Gedenk- und Informationstafel für das ehemalige KZ-Außenlager „Waldeslust“ – ein Ort, an dem rund 600 jüdische Frauen während des Zweiten Weltkriegs Zwangsarbeit in der Luftmunitionsanstalt Hambühren leisten mussten.

Federführend unterstützt von dem Jugendbildungsreferenten des Friedensorts „Aus der Vergangenheit lernen – Verantwortung für die Zukunft“ Tim Jonas Beisel und begleitet von den Lehrkräften Andreas Glück, Michael Rücker und Andreas Hidasi hatten die Jugendlichen im Vorfeld der Einweihung im Dezember letzten Jahres mit historischen Quellen gearbeitet, die Schicksale der Frauen recherchiert und die Gedenkstätte Bergen-Belsen sowie das Gelände in Hambühren besucht, wo das Lager gestanden hatte. Tim Jonas Beisel unterstrich während der Einweihungsfeier die Notwendigkeit des Projekts: „Dort, wo einst Verbrechen an der Menschheit verübt wurden, erinnerte bislang nichts an die vielen Frauen, die hier leiden und sterben mussten.“ Mit der neuen Gedenktafel wird dieses Leid nun sichtbar. Sie erinnert daran, dass die Verbrechen nicht nur an Orten wie Bergen-Belsen geschahen, sondern auch in Hambühren. Die regionale Dimension zeigt sich auch darin, dass an diesem Ort vor 80 Jahren die Luftmunitionsanstalt I/XI Hambühren gestanden hatte, in der die Frauen Sprengstoff und Munition herstellen mussten.

Vor der Einweihung der Tafel versammelten sich Projektbeteiligte, Unterstützerinnen und Unterstützer und Interessierte im Foyer des Hölty-Gymnasiums in Hambühren. In sechs Redebeiträgen wurde die Relevanz des Erinnerns deutlich. In verschiedenen Reden wurde die aktuelle Bedrohung der Erinnerungskultur thematisiert. So betonte Schulleiter Stefan Lahme, die Forderung „Nie wieder“ sei vor dem Hintergrund des wachsenden Rechtsextremismus und Alltagsrassismus so gefährdet wie lange nicht. Es brauche „Menschen, die ‚Nie wieder‘ nicht nur sagen, sondern leben würden. Dieses Engagement hätten die Lehrer Michael Rücker, Andreas Hidasi und Andreas Glück sowie die Schülerinnen und Schüler gezeigt. Bürgermeister Carsten Kranz sprach den Höltyanerinnen und Höltyanern seine Anerkennung für deren wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur aus. Die Schülerinnen und Schüler hätten bei der Gestaltung der neuen Gedenkstätte Fragen gestellt und Antworten gesucht. Dieses Engagement gebe ihm Hoffnung, dass die Erinnerungen an das Schreckliche, zu dem Menschen fähig seien, auch in Zukunft lebendig bleiben würden.

Im Anschluss an die Reden weihten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Gedenktafel an ihrem Aufstellungsort ein. Hier wurde den Opfern des Lagers gedacht, indem die Namen aller bekannten Inhaftierten und Grußworte der Nachfahren ehemaliger Häftlinge vorgelesen wurden. So betonte Lorna Brunstein, Tochter der Überlebenden Esther Brunstein, in Gedanken an das Leiden ihrer Mutter, diese würde sehr froh darüber sein, „dass diese Tafel gebaut wurde und die Erinnerungsarbeit weitergeht, um anderen Menschen davon zu erzählen, was hier passiert ist.“ Um das Erinnern auch künftig lebendig zu halten, wurde vor Ort ein Briefkasten installiert, in dem Besucherinnen und Besucher ihre Gedanken, Erinnerungen oder Fragen hinterlassen können.

Die Zusammenarbeit mit Bildungsreferent Tim-Jonas Beisel soll über dieses Projekt hinaus fortgesetzt werden, denn es gibt in der Region noch weitere vergessene Orte der NS-Zwangsarbeit, an denen sich bislang keine Gedenkstätte befindet.

Deutlich wurde, dass die Schülerinnen und Schüler eine wichtige Aufgabe übernommen haben, durch die das Leid der Menschen, die im Außenlager „Waldeslust“ leben mussten, nicht in Vergessenheit gerät. Tim-Jonas Beisel würdigte den Einsatz der Jugendlichen: „Die Schülerinnen und Schüler haben erkannt, warum es wichtig ist, sich einzubringen. Demokratie muss immer wieder neu gelernt werden.“ Mit diesem Projekt haben die Schülerinnen und Schüler aktiv Verantwortung für das „Nie wieder ist jetzt“ übernommen.

Ronja Möllers