Ein bisschen Wehmut klang mit, als die Celler Theater-AG des Höltys ihren letzten Auftritt am Celler Standort angekündigt hatte, bevor das Gymnasium endgültig in Hambühren heimisch wird. Zum letzten Mal präsentierte sich die Theater-AG vor dem Celler Publikum auf der kleinen, aber so atmosphärischen Theaterbühne der Schule, die den Laienschauspielerinnen und -schauspielern ganzer Hölty-Generationen so ans Herz gewachsen war. Von Theaterklassikern wie Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ oder „Mutter Courage“ von Brecht über selbst entwickelte Stücke wie die Beziehungskomödie „Alles ist wirklich ein bisschen viel“ bis zu Krimis wie „Der Krawattenmörder“ konnten die Höltyanerinnen und Höltyaner der Celler Theater-AG unter Leitung von Daniela Bunkenburg über Jahre hinweg das sich einfindende Publikum begeistern.
Und auch zum letzten Mal auf der angestammten Theaterbühne in Celle ließ die Theater-AG an diesem Freitagabend keine Wünsche offen. Mit dem Stück „Experiment“, das auf dem Sozialexperiment „The Third Wave“ des Geschichtslehrers Ron Jones 1967 an der Cubberley High School in Palo Alto in Kalifornien beruht und sich am Dokumentarfilm „Lesson Plan“ von 2011 orientiert, hatte sich die AG ein politisch und gesellschaftlich besonders relevantes Stück ausgesucht. Dass dieses Stück für die Theater-AG ein besonderes ist, zeigte sich daran, dass die Schülerinnen und Schüler in der Vorbereitung auf das Stück die Dokumentarfilmvorlage neu interpretiert und die Dialoge ihren Bedürfnissen selbst angepasst haben.
Die Schülerinnen und Schüler einer 10. Klasse sind davon überzeugt, dass sie niemals einem Führer wie Hitler folgen würden. Ihr Lehrer, Mr. Allen, stellt seine Klasse daraufhin mit einem Experiment auf die Probe, auf das sich die Schülerinnen und Schüler einlassen. Nach und nach verfallen sie in der Folge mit der Einführung“ der Maximen „Stärke durch Disziplin“, „Stärke durch Gemeinschaft“ und „Stärke durch Aktion“ den autoritären Verführungen. Sie beginnen Mr. Allen, der zunächst autoritäre Umgangsregeln als Ausdruck von Disziplin einführt, als Führerpersönlichkeit zu schätzen. Sie gründen die „Dritte Welle“ als Ausdruck von Gemeinschaft mit einem einheitlichen Dresscode und der „Welle“ als eigenem Abzeichen, in der sich die Mitglieder geborgen und integriert fühlen, die sich aber für etwas Besseres hält und andere ausgrenzt, vor allem wenn die Gemeinschaft mit ihren Werten kritisch hinterfragt wird. Und so kommt es, dass die Schülerin Jane, die sich der Gemeinschaft der Welle verweigert und diese zusammen mit dem Schülerzeitungsredakteur Norman für ihre Methoden und Werte öffentlich kritisiert, von der „Dritten Welle“ nach der Maxime „Stärke durch Aktion“ angefeindet wird. Das „Experiment“ gewinnt zunehmend an Eigendynamik. Die Mitglieder der „Dritten Wellen“ gehen immer brutaler gegen Kritiker vor. Mr. Allen kann sich kaum mehr dem Experiment entziehen und der naive Schulleiter Mr. Brooks erkennt zu spät den Ernst der Lage. Auf den Stopp des Experiments in letzter Sekunde folgt allseitiger Schock und Ernüchterung, aber auch die spätere Erkenntnis, dass aus diesem Experiment viel gelernt wurde.
Das Stück war für die Schauspielerinnen und Schauspieler eine Herzensangelegenheit. Das wurde nicht nur an den selbst verfassten Dialogen und an der Inszenierung, sondern auch an der Spielfreude der Akteure deutlich. Theo Zierenberg verkörperte glaubhaft den die Dynamik des Experiments unterschätzenden und zunehmend verunsicherten Mr. Allen. Denis Buss überzeugte als naiver und selbstgefälliger Schulleiter, der erst durch das Einwirken von Ms Scooter (Ida Rollert), einer Vertreterin des „school board“, die Gefahr durch das Experiment erkennt. Eli Bickmeyer, Hosuh Liventsova, Philipp Pokorra und Rieke Olbrich nahm man ihre Rollen als vom Experiment vereinnahmte Schülerinnen und Schüler ab und Sunny Hamel interpretierte mit Leidenschaft ihre Rolle als Jane, die sich der Welle zusammen mit Simon Laukart als Schülerzeitungsredakteur Norman und der Bibliothekarin Ms Winterberg, gespielt von Emma Winterberg, entgegenstellen wollte.
Die Begeisterung des Ensembles am Stück übertrug sich auch am Freitagabend auf das Publikum im gut gefüllten Theaterraum des Celler Höltys. Mit großem Applaus honorierte es die Theater-AG an diesem Abend und verabschiedete sie aus Celle. Bleibt zu hoffen, dass die Theater-AG am neuen Standort in Hambühren eine neue Bühne für weitere Auftritte kreativen Schaffens findet.
Michael Rücker












