Die Ergriffenheit von Schulleiterin Monika Nerreter konnte jeder in dem prall gefüllten und aus allen Nähten platzenden Forum des Hölty-Gymnasiums nachempfinden, als sie während der Eröffnung der Projektpräsentation der Hölty-Projekttage zum 9. November, dem „Schicksalstag der Deutschen“, ihrem Organisationsteam rund um die Geschichtslehrerinnen und -lehrer Ulrike Gefeke, Andreas Hidasi und Andreas Glück sowie die Deutschlehrerin Julia Glage ihre Dankbarkeit für die Unterstützung erwies.
Nicht aber allein die Dankbarkeit für die Hilfe und die Erleichterung über den Zuspruch waren ihr anzumerken, sondern es schien ihr angesichts der vielen Schülerinnen und Schüler, deren Eltern, Freunde, Verwandte und Bekannte bewusst zu werden, wie richtig und wichtig die Entscheidung des Höltys war, diese Projekttage zum 9. November für die Schülerinnen und Schüler zu initiieren, zu planen, die Projekte mit ihnen gemeinsam zu erarbeiten, diese zur Präsentation zu bringen und damit einen Beitrag zur Erinnerungskultur zu leisten.
Denn an diesen drei Hölty-Projekttagen war zu spüren, wie die Erinnerung an und die Auseinandersetzung mit der Geschichte und in besonderer Weise mit dem 9. November als „Schicksalstag der Deutschen“ auf das Selbstverständnis der Schülerinnen und Schüler wirkte und von ihnen angenommen wurde. Gemäß dem Zitat von August Bebel „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten“ verdeutlichten die Schülerinnen und Schüler des 11. Jahrgangs dem Publikum in ihrem Eröffnungsbeitrag mit den Erinnerungen an die Ereignisse des Schicksalstags der Deutschen, wie die Geschichte mit ihren nachwirkenden Problemen, z.B. die Hetze gegen Flüchtlinge oder die immer noch empfundene Spaltung Deutschlands in Ost und West, für sie aktuell und gegenwärtig sind. Daraus schlossen die Schülerinnen und Schüler in ihrer Ansprache, dass die Zukunft zum Wohle der Menschheit gestaltet und die Demokratie geschützt und gewahrt werden müsse.
Im Vorfeld der Projekttage hatten die Schülerinnen und Schüler des Höltys aus einer Vielzahl von Projektangeboten zur Ausrufung der Republik am 9. November 1918, zum Hitler-Putsch am 9. November 1923, zur Pogromnacht am 9. November 1938 und zum Mauerfall am 9. November 1989 ausgewählt. In den einzelnen Projekten, an denen am 7. und 8. November gearbeitet wurde, beschäftigten sich die Höltyaner z.B. mit dem Alltag in der DDR, interviewten Zeitzeugen zum Mauerfall, besuchten die Celler Synagoge oder die Gedenkstätte Marienborn, lernten das Leben im geteilten Berlin kennen, erarbeiteten jüdische Einzelschicksale und Fluchtgeschichten, recherchierten im Celler Stadtarchiv über die Pogromnacht und bereiteten die Ereignisse rund um den 9. November künstlerisch als Tanzvorstellung auf.
Und die Ergebnisse, die am 9. November am Vormittag in der Schule den sehr zahlreich erschienenen Besuchern zugänglich gemacht wurden, sprachen für sich. Nach der Eröffnung im Forum konnten sich die Besucher von der kreativen Umsetzung der Projekte in den Klassenräumen der Schule überzeugen. Mit gebastelten Nachbildungen der Berliner Mauer, mit Plakat- und Power-Point-Präsentationen zum Mauerfall und zur Pogromnacht, mit der Ausstellung von Alltagsgegenständen aus der DDR, mit Schattenrissen zu Mauerschicksalen und mit kleinen Filmen über die Zeitzeugenbefragungen sollte erinnert werden. Besucher und Projektteilnehmer kamen immer wieder miteinander ins Gespräch und schärften an diesem Vormittag gemeinsam den Blick für die Vergangenheit. Zum Abschluss des Präsentationsvormittages führte die Theater-AG das im letzten Schuljahr erarbeitete Stück „Am kürzeren Ende der Sonnenallee“ von Thomas Brussig auf und rundete die Projekttage ab. Die Projekttage am Hölty haben verdeutlicht, wie wichtig Erinnerung für das eigene Selbstverständnis ist.
Michael Rücker